Wenn Schüler zu Experten werden

Schüler gestalten einen Informationsabend über soziale Netzwerke für Eltern und Interessierte am Finsterwalder Gymnasium

 

„Woher weißt du das?“ - „Stand doch auf Facebook!“. Wenn man die Gespräche unter Jugendlichen verfolgt, scheint das soziale Netzwerk Facebook einer ihrer liebsten Aufenthaltsorte zu sein. „Es ist quasi jederzeit von überall her erreichbar, und es ist garantiert immer wer da!“, so eine Schülerin. Ein harmloser „online-Jugendtreff“ also? Viele Eltern sind skeptisch: „Man weiß ja nicht, was die da den ganzen Nachmittag machen, und vor allem welche Gefahren in der virtuellen Welt auf die Kinder lauern.“ In solchen Aussagen sieht Medienexperte Matthias Naase ein Versäumnis bei den Eltern: „Ich beobachte, dass viele Eltern nicht bereit sind, sich mit den neusten Medien und den Gefahren von sozialen Netzwerken auseinanderzusetzen. Dann müssten Sie nämlich auch noch die Verantwortung für den großen Bereich der Medienerziehung übernehmen.“ In vielen Fällen wissen die Eltern zu wenig über die online Plattformen, auf denen die Jugendlichen so gerne ihre Zeit verbringen.


Umso erfreulicher, dass am Finsterwalder Gymnasium in Rosenheim eine Schulklasse genau dieses Problem erkannt und angepackt hat: Im Rahmen des Bundeswettbewerbs zur politischen Bildung 2011 machte es sich die Klasse 9d zur Aufgabe, den Eltern ihre schöne neue online-Welt zu erklären.


Nach mehrwöchiger Vorarbeit im Sozialkunde und Deutschunterricht, war es vergangenen Montag soweit: In der Mensa des Gymnasiums fand der Informationsabend „Facebook – Fluch oder Segen?“ statt. Komplett in Eigenregie gestaltete die Klasse die Veranstaltung, zu der sie als Referenten Herrn Matthias Naase, Medienpädagogisch-Informationstechnischer Berater für den Landkreis Rosenheim, eingeladen hatten.

 

Der erste Teil des Abends gehörte allerdings den Schülern: Sie hatten unter anderem die häufigsten Fragen zum Thema Facebook zusammengestellt und überraschende Antworten gefunden. Zum Beispiel: „Facebook darf man offiziell erst ab 14 Jahren, mit Beginn der Strafmündigkeit nutzen. Dann ist man für seine Handlungen nämlich selbst verantwortlich.“ Doch schon hier zeigen sich die Tücken der virtuellen Welt: Nichts einfacher, als bei der Registrierung ein falsches Geburtsdatum anzugeben! Und wenn das jeder kann, woher weiß ich dann, ob der Name, Wohnort und alle anderen Angaben meines Chatpartners richtig sind? Einer der wichtigsten Tipps an diesem Abend, den Schüler wie auch Medienexperte übereinstimmend gaben: „Nehmt nur Freundschaftsanfragen von Personen an, die ihr auch im realen Leben kennt.“

 

Souverän führten die Schülerinnen und Schüler durch den Abend, präsentierten professionell ihre Ergebnisse und zeigten, dass sie sich durchaus auch selbstkritisch mit dem Thema auseinander gesetzt haben: „Unsere Umfrage hat ergeben, dass die Mehrheit der Neuntklässler täglich mindestens eine Stunde auf Facebook verbringt – ist das nicht ein Widerspruch zu der oft beklagten übermäßigen schulischen Belastung?“. Nein, argumentierte ein anderer Schüler, denn Facebook diene schließlich oft auch dazu, sich über Hausaufgaben zu informieren.

 

 

Im zweiten Teil des Abends stellte Herr Naase den rund 80 Gästen neuste Studienergebnisse zum Nutzungsverhalten Jugendlicher vor, informierte über Cybermobbing und Datenschutz und gab den Eltern hilfreiche Tipps an die Hand, wie sie ihren Nachwuchs beim sichern Surfen unterstützen können.

 

Die Schülerinnen und Schüler haben an diesem Projekt Vieles, was nicht nur für die Schule wichtig ist, gelernt: „Kommunikation miteinander ist das A und O! Wir mussten uns untereinander immer gut absprechen, um zu wissen, was die anderen Gruppen machen.“ Oder: „Es ist ein schönes Gefühl, den Teil der Verantwortung für ein solche Abendveranstaltung zu tragen.“ Und natürlich wächst das Selbstwertgefühl, ein Teil der sogenannten Selbstkompetenz, wenn das Publikum applaudiert, und Eltern und Lehrern am Ende des Abends sagen: „Ich hab heute richtig was von Euch gelernt!“.

 

Bettina Peter