Christoph Rust, ein ehemaliger Schüler des fwg, über seine Tätigkeit in Brasilien:
In einer Welt, welche sich zunehmend schneller dreht, und welche dank Globalisierung immer näher zusammenwächst, aber auch gerade deshalb vor völlig neuen Problemen steht, stellt sich immer mehr die Frage: wie kann man sich konstruktiv in diesen Prozess mit einbringen?
Um dem ein wenig näher zu kommen, beschloss ich nach dem Abitur, für ein Jahr in ein sogenanntes Entwicklungsland zu gehen. So war ich 13 Monate in Brasilien und habe in einem Elendsviertel (einer sog. Favela) von São Paulo einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst im Rahmen des vom BMZ geförderten Programms „weltwärts“ geleistet. Als freiwilliger Helfer arbeitete ich in dem Gemeinschaftsverein Monte Azul, einer Einrichtung, welche schon seit über 30 Jahren in Favelas integrative Sozialarbeit leistet. Bildung und Erziehung, Gesundheit und Kultur sind dabei die drei Hauptsäulen der Arbeit. Über 1200 Kinder besuchen tagtäglich die Krippen, Kindergärten, Ergänzungsunterrichte und Ausbildungsplätze, über 2000 medizinische Behandlungen werden kostenlos pro Monat durchgeführt und es finden regelmäßig kulturelle Vorstellungen statt. All dies hat das Leben vieler Favelabewohner nachhaltig beeinflusst, öffentliche Nominierungen würdigen die Arbeit mehrfach. Ich habe dort Kindern, die aus sozial schwierigen Verhältnissen kommen, im Geigenspiel unterrichtet und ein 20-jähriges schwerbehindertes Mädchen betreut, welches im Kleinkindalter von seiner Mutter misshandelt wurde und deshalb heute an einer schweren Spastik leidet. Auch gab ich Deutschkurse und half, Projekte, wie Orchesterfahrten, zu organisieren und zu gestalten. Für mich war dies eine unheimlich spannende Zeit, in welcher ich besonders auch für mich sehr viel lernte und in welcher ich Brasilien von einer Seite kennen lernen durfte, die wahrscheinlich den meisten Touristen nicht so leicht zugänglich ist.
Brasilien ist ein faszinierendes Land, dessen Bewohner Vorfahren in der ganzen Welt haben. Und alle leben hier in einer ansteckenden Heiterkeit zusammen, ganz selten gibt es Konflikte, die ihren Ursprung in einer unterschiedlichen Herkunft haben. Andererseits gibt es in Brasilien auch viel Schockierendes zu sehen.
Brasilien, welches eines der größten Agrarländer ist, kennt viel Leid: hungernde Menschen, die in direkter Nachbarschaft an riesigen Sojaplantagen weder ausreichend zu essen noch genug zu trinken haben – das Wasser wird zum Bewässern der Plantagen benötigt. Das ist dann ziemlich paradox, den Überfluss und den Mangel so ausgeprägt an einem Ort zu haben. Diese Unausgeglichenheit ist weltweit Realität: alle 5 Sekunden stirbt ein Kind an Unterernährung oder deren direkten Folgen obwohl unsere Wirtschaft problemlos dazu in der Lage wäre 10 Mrd. Menschen mit Nahrung zu versorgen. Jean Ziegler findet hierfür klare Worte: „Jedes Kind, das heute verhungert, wird ermordet.“ Unser aller Handeln ist hier gefragt.
Eine kleine Bildergalerie, die aus der Powerpoint-Präsentation des Vortrages hervorgeht, finden Sie <link internal-link internal link in current>hier.
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