Schüleraustausch mit La Réunion (19.04.14)

La Réunion – ein Paradies mit 1000 Gesichtern


Mit einem Quietschen setzen die Reifen unseres Flugzeuges auf der einzigen Landebahn direkt neben dem Meer auf. Beim Aussteigen schlägt uns die drückende Hitze ins Gesicht, und zum ersten Mal bietet sich die Gelegenheit, unseren Blick über das kleine Paradies schweifen zu lassen. Weit mehr als die ungewohnte Temperatur überwältigt uns die Schönheit der Landschaft, die all unsere Erwartungen bei weitem übertrifft.


Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen die ersten Koffer auf dem Gepäckband angefahren. Konzentriert halten wir Ausschau nach dem winzigen blau-weißen Bändchen, das unser Gepäck kennzeichnet. Mit einem Blick über die Schulter sind die ersten, schon teilweise vertrauten Gesichter unserer Austauschschüler live zu sehen. Sofort werden wir mit großer Gastfreundschaft herzlich begrüßt, und schon zum Empfang gibt es für uns die ersten réunionesischen Spezialitäten zu kosten.


Nach einem netten Begrüßungsabend am Strand mit weiteren kulinarischen Köstlichkeiten, die die Insel zu bieten hat, dürfen wir die ersten Eindrücke vom Leben auf La Réunion gleich am Wochenende in unseren Gastfamilien  sammeln, mit denen wir Unterschiedlichstes erleben. Die beteiligten deutschen und französischen Lehrerinnen haben sich ein vielfältiges und ausgewogenes Programm einfallen lassen, das schon am darauffolgenden Montag beginnt.


Die erste richtige Möglichkeit, alle französischen Corres kennenzulernen, bietet sich für uns bei einer gemeinsamen Inselrundfahrt. Die kleine Erkundungstour verschafft uns einige der schönsten Ausblicke auf das türkisfarbende Meer und die von tiefem Grün geprägte Landschaft La Réunions. Die einzigartige und zugleich enorm vielseitige Natur der außergewöhnlichen Insel hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Die kraftvollen Wellen des Indischen Ozeans, die sich an den schwarzen Klippen der südlichen Küste brechen. Die weiße Gischt wird meterweit durch die Luft gewirbelt und benetzt unsere Gesichter mit klitzekleinen salzigen Tröpfchen.


Die Reise um die Insel setzt sich weiter fort, und nach einiger Zeit im Bus erreichen wir unseren Bestimmungsort. Einen Ort, der so unwirklich scheint, dass kaum einer von uns behaupten könnte, etwas Derartiges schon einmal gesehen zu haben.


Im Rücken den Ozean erstreckt sich vor unseren Augen das majestätische Gebirge, das über mehrere Quadratkilometer hinweg von einer dichten Schicht aus gräulichem Geröll bedeckt ist. Keine Pflanze, kein Baum, kein Strauch und kein Gras. So tot, so unwirtlich, doch zugleich so faszinierend und wunderschön. Die letzte Eruption des aktivsten Vulkans in Europa sprengte die südliche Flanke des Berges förmlich heraus, und die glühenden Gesteinsmassen bahnten sich ihren zerstörerischen Weg den Hang hinab, ehe sie im dampfenden Meerwasser erstarrten.


Nach langer, aber durchaus schöner Busfahrt erreicht unser spannender Exkurs in die Natur La Réunions seinen atemberaubenden Höhepunkt. In Serpentinen führt uns der Weg hinunter in Richtung des Meeres. Erst als wir den Bus
verlassen, erblicken wir den Ort in seiner kompletten Schönheit. Vor uns erstreckt sich ein idyllisches Waldstück, das aufgebaut ist aus riesigen Bäumen, die in so perfekter Regelmäßigkeit aus dem Waldbogen ragen, dass es fast unnatürlich anmutet. Zu unserer Rechten prasseln drei kleine Wasserfälle zu Boden, wo sie sich zu einem plätschernden Bach zusammenfinden und sich schließlich in die türkisblaue See ergießen. Zugleich sprinten auch schon die ersten Schüler zu den Kaskaden, um im prickelnd kühlen Nass die heiß ersehnte Erfrischung zu suchen. Nach einiger Zeit, die genutzt wird, um eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen, setzen wir die Rundfahrt fort.


Wie es der Zufall will, kreuzt sich unser Aufenthalt passenderweise mit der sogenannten „Woche der Sprachen“ am Collège les Aigrettes. Jeden Tag bereitet eine Gruppe von Schülern eine kurze Performance vor, um so jedes Mal eine andere Sprache vorzustellen. So geben auch wir am Freitag, dem Tag der deutschen Sprache, unseren Beitrag zum Besten. Unter den gebannten Blicken der réunionesischen Schülerschaft tragen wir erst unser selbst geschriebenes zweisprachiges Gedicht über unseren Aufenthalt vor und stimmen dann - gepaart mit einer Tanzeinlage - das „Fliegerlied“ an. Anfänglich ernten wir für unseren zugegebenermaßen doch etwas bizarr anmutenden Auftritt verdutzte Blicke und Stirnrunzeln, doch nach der ersten Strophe lassen sich die Schüler mitreißen und trällern ein fröhliches „lalalala“ mit uns.


Nach unserer kleinen, aber feinen Leistung haben wir es uns verdient, beim Shoppen auf dem Markt in Saint Paul etwas abzuschalten. Neben den in Massen produzierten Touristensouvenirs lassen sich bei genauerer Suche auch echte Raritäten und allerlei Spezialitäten kulinarischer Art, die die réunionesische Küche so zu bieten hat, erwerben.


Am Montag dann war es Zeit für uns, noch etwas tiefer in das einzigartige Kulturgemisch des so vielseitigen Islands einzutauchen. In Saint Pierre lassen sich praktisch in direkter Nachbarschaft zueinander eine Moschee, eine chinesische Pagode und ein hinduistischer Tempel besichtigen. Die kleine Ortschaft steht exemplarisch für das auf La Réunion Realität gewordene friedliche und freundschaftliche Zusammenleben der unterschiedlichsten Kulturen und Religionen.


Die zweite Hälfte unseres Aufenthalts neigt sich dem Ende zu, und langsam wird es für uns Zeit, Abschied zu nehmen von diesem Paradies im Indischen Ozean. Erfüllt von den vielen Eindrücken und Erlebnissen müssen wir nun wieder die Koffer packen und die Heimreise antreten. Die beiden Wochen vergingen schnell, vielleicht sogar etwas zu schnell. Am Flughafen versammeln sich noch einmal alle Corres - ein letztes Gruppenfoto, und der Moment ist gekommen, den in den letzten vierzehn Tagen liebgewonnen Menschen auf Wiedersehen zu sagen. Trotz der Tatsache, dass die Trennung nur von kurzer Dauer ist, fällt es einigen sehr schwer, sich zu verabschieden.


Ein letztes Mal können wir die Insel durch die kleinen Flugzeugfenster begutachten, bevor die Turbinen aufheulen und wir erneut abheben. Für immer? Die Frage, ob der Abschied von La Réunion für den einzelnen endgültig war, bleibt offen...

 


Im Namen der gesamten deutschen Austauschschüler bedanken wir uns nochmal bei Frau Naber und Frau Lamla, die uns dieses Abenteuer ermöglicht haben!


Chantal Elfert und Tim Krüger, Klasse 10a