Neue Faszinationen aus der Welt der Natur

Faltenmolasse? Helvetikum? Grauwackenzone? Wie bitte?

Von Dominik Bruckner

Ihr fragt euch, warum euere Wohnung genau dort steht, wo das Haus wohnt und der Grund liegt? Nein, wir reden nicht über Statik und Zulassungen! Warum sind wir nicht auf Seegrund, warum ist Atlantis wo anders und ihr mit Wiesenlandschaften und Gebirgszügen vertraut? Das ist nicht ganz so komplex, wie es scheint, erst ein paar Begriffe vorweg!

Wir sind an den Alpen, diese sind aufgebaut aus den Zentralalpen, ein schöner breiter Gürtel, zwar nicht aus Leder, aber aus Gneis. Nördlich und südlich davon befinden sich die sogenannten Kalkalpen, wobei Kufstein sich inmitten dieses Bereiches befindet.

Nördlich davon, zwischen Rosenheim und Kufstein, finden wir das sogenannte Helvetikum und das Flysch vor. Das Helvetikum war zu früheren Zeiten sozusagen das Tauchgebiet etlicher Meeressäuger, oder was es vor 40 Mio. Jahren an Großsäugern noch gab. Wobei erst vor knapp zwei Millionen Jahren die großen Giganten unsere Gebiete preis gaben, das ist jedoch eine andere Geschichte und soll irgendwann erzählt werden! Das Helvetikum war tatsächlich das südliche Ende des europäischen Kontinents zum Tethysmeer, wobei sich auch Rosenheim noch am Grund dieses Meeres befand und wir vor allem in dieser Zone äußerst viele Versteinerungen vorfinden. Vielleicht sogar mit der Information, was es zuvor zum Mittagessen gegeben hatte, wobei das wohl bezweifelt werden darf. Wo ein Ende des einen vorzufinden ist, muss der Beginn eines anderen Stücks sein, logisch, außer, wenn wir über das Ende des Universums sprechen. Der Bereich der Kampenwand, der Hochries oder des Wendelsteins, die zum Alpennordrand gehören, bildeten sich dabei aus südlich dieses Ozeans gebildeten Gesteinsablagerungen, was insgesamt darin mündet, zu behaupten, dass die Rosenheimer Hausberge nicht aus „made in Germany“, Qualitätsproduktion, stammen, sondern den Namen „made in Africa“ mit Stolz tragen. Nicht zuletzt entstand zwischen den Aufschüttungen afrikanischen Ursprungs und des Helvetikums das heute noch bekannte Flysch, ursprünglich eine Tiefseerinne, die sich im Laufe der Zeit zu unseren beliebten bewaldeten Vorbergen des Samerbergs, des Sulzbergs und des Farrenpoints bei Feilnbach wandelten.

 

Die großartigen und großen, protzigen Gesteinsschichten unserer heimischen Schatztruhe haben wir insgesamt eher der europäischen Seite zu verdanken, nicht zuletzt verdankt der Bergfried der Neubeurer Burg seine Existenz dem Sandstein aus der Wolfsschlucht, in der Abbau seit dem 12. Jahrhundert vermutet und aus dem 15. Jahrhundert dokumentiert ist. Der wunderbare Haberkörndlstein – ja richtig, da stecken Haferkörner im Wort, im Material und unter der Decke – aus vorzüglichem Roteisenerz hatte soweit die Menschheit entzückt wie der „Rosenheimer Granitmarmor“ im 19. Jahrhundert, auch wieder aus dem Helvetikum. Aus sogenannten Rotalgenschuttkalken wurden prächtige Grabmäler errichtet. Nicht gerade das, was man sich wünscht? In Ordnung, dann kann ich euch vielleicht für Türschwellen begeistern. Sind im Preis reduziert! Auch nicht? Dann wenigstens für die wirtschaftliche Existenz der Soleleitungen oder für das Rohrdorfer Zementwerk? Nicht überzeugt? Dann lugt einfach voller Euphorie bei eurem täglichen Spaziergang in die Schule verstohlen auf den Nepomukbrunnen am Max-Josefs-Platz und dankt den Rotalgenschuttkalken. Und natürlich geschickten Steinmetzen, die solch ein Werk vollbrachten! Was hat das mit dem Samerberg zu tun? Bedanken wir uns ganz förmlich bei ihm und seinen Nachbarn, denn ohne die Aufschüttungen der Molasse aus dem Schutt der Kalkalpen, läge Rosenheim heute vier Kilometer unterhalb des heutigen Bereichs. Das wäre sicherlich eine interessante Wendung des Schicksals gewesen! Bestimmt und für den Fall, dass ihr jetzt nicht überzeugt seid, könnt ihr auch gerne nach „Schwarzem Gold“ suchen! Damit meine ich nicht Lakritz oder Schokolade, sondern Kohle! Man soll in Achenmühle und Hausham sogar ein wenig davon gefunden haben; nicht gleich danach buddeln, aber ein wenig die Augen offen zu halten, ist schließlich allgemein ein kostbares Gut, unabhängig davon, ob es aus Gestein, oder wertvollen Erfahrungen besteht.

 

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Bildquellen:
Giraffe: https://pixnio.com/de/tiere/giraffe-de/afrika-zebra-tiere-giraffe-baum-himmel
Skelettküste: https://pixabay.com/de/photos/afrika-namibia-skelettküste-sand-4688049/
Gambia: https://de.wikipedia.org/wiki/Gambia#/media/Datei:1014099-Wassu_stone_circles-The_Gambia.jpg
Samerberg: eigens geschossen!