22.10.2019: Wenn Lyrik auf Prosa trifft

Zu einem Literaturabend der besonderen Art hatte das Rosenheimer Sebastian-Finsterwalder-Gymnasium geladen. Die Veranstaltung ermöglichte es zahlreichen literarischen Talenten der Schule, eigene Prosatexte und Gedichte vor einem großen Publikum vorzutragen. Im zweiten Teil des Abends las die Bestsellerautorin Natalie Buchholz aus ihrem Debütroman „Der rote Swimmingpool“ und erzählte aus dem Leben der Verlage, Buchmessen und Literaturagenturen.

Der Abend begann mit dem effektvollen Vortrag des lautmalerischen Gedichts „Das Feuer“ von James Krüss durch den Sechstklässler Jannis Coenen. Es folgte ein „Herbstreigen“ von Kindern der 5. Jahrgangsstufe, die selbst geschriebene und auswendiggelernte Gedichte zu den Freuden des Herbstes in kleinen Szenen aufführten. Die „jungen Poeten” Hadidjah Akhmadov, Jouna Gareis, Selina Hain, Rohan Madathil, Dinora Tola, Rosemarie Weiß und Selma Zentgraf begeisterten das Publikum nicht nur durch ihren unbekümmerten Vortrag, sondern auch durch ihr szenisches Spiel.

Amelie Meusel, eine Schülerin der 9. Jahrgangsstufe, sprach in ihrem Prosatext „Die Wand“ so manchem Zuhörer aus der Seele, als sie voller Leidenschaft die Leiden der modernen Smartphone-Gesellschaft aufdeckte und zu einem offenen Miteinander aufrief. Amelie Nickl, ebenfalls aus der 9. Jahrgangsstufe, fesselte das Publikum mit ihrer Erzählung „Rosalinde“, die eindrucksvoll den Leidensweg eines von einer Essstörung gezeichneten jungen Mädchens zeichnete.

Eine ganz andere Seite der Lyrik zeigte der Sänger Elias Mädler aus der Q 11. Das Mitglied des Tölzer Knabenchors brillierte mit dem Lied „Wohin?“ aus der „Schönen Müllerin“ von Franz Schubert, der damit ein Gedicht von Wilhelm Müller vertont hatte. Begleitet wurde Elias Mädler dabei von Alexander Gell am Klavier.

In ein völlig anderes Genre entführte die Zehntklässlerin Anna Reimers das Publikum. Ganz im Stile Steven Kings erzeugte sie in ihrer Geschichte „Halluzinating“ Horrorbilder und anwachsende Spannung in der Fantasie der Zuhörer.

Im Anschluss war nach so viel Aufregung erst einmal ein wenig entspannende Musik von den charmanten Moderatoren Lilly Gabler und Alexander Kubon angekündigt worden. Doch weit gefehlt: Eva Brockhaus aus der Q 11, die Bundessiegerin im Wettbewerb „Jugend musiziert“, fesselte das Publikum mit den Klängen von „Motivy“ des bulgarischen Komponisten Emil Tabakov und stellt am Kontrabass ihr meisterhaftes Können unter Beweis. Gleich im Anschluss begleitete Eva Brockhaus mit lässigen Jazz-Lines den Oberstufenschüler Dominik Bruckner, der mit größtem Enthusiasmus seinen lyrischen Text „Versuch dich in Versuchung“ vortrug und somit vor der Pause einen weiteren Höhepunkt des Abends setzte.

Schließlich stellte die Schriftstellerin Natalie Buchholz, die nach eigener Aussage in Rosenheim sozialisiert wurde und heute in München lebt, vor allem die „jugendlichen Passagen“ aus ihrem Roman „Der rote Swimmingpool“ vor, mit dem sie im vergangenen Jahr in der Literaturszene für Furore gesorgt hatte. In der Geschichte geht es um den jungen Adam, dessen perfekte Familie eines Tages schlagartig zerbricht und der lernen muss, dass es keine Vollkommenheit gibt. Erst als er seine eigene große Liebe kennenlernt, versteht Adam, dass er sich endlich auf seinen eigenen Weg machen muss. Liebevoll und voller Humor zeichnet Natalie Buchholz in den gelesenen Auszügen Adams Entwicklungsschritte nach und zeigt unter anderem, wie eine dicke Katze die erste Liebesnacht zweier junger Menschen zunichte machen kann.

Zum Abschluss des Abends beantwortete Natalie Buchholz, die viele Jahre lang auch als Verlagslektorin gearbeitet hatte, zahlreiche Fragen des sehr zahlreich erschienen Publikums zu sich, ihrem Leben als Schriftstellerin und ihren literarischen Arbeiten.

Werner Kassler